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Eine Prise Chili Chile Durch die Anden zum Pazifik (Februar 2023) Argentinien haben wir gestern auf dem Papier verlassen, in Chile sind wir aber formal noch nicht eingereist, denn die Nacht haben wir im „Niemandsland“ zwischen den Grenzposten beider Länder verbracht (dazwischen liegen immerhin 150 Straßenkilometer), wenn auch schon auf chilenischem Staatsgebiet. Die Einreise nach Chile holen wir heute auf nur noch 2000 m nach. Es ist viel los an der Grenze: Zunächst geht es zur Passkontrolle, und wir erhalten so etwas Altmodisches wie einen Einreisestempel auf einem langzeitstabilen Datenträger (Papierseite im Pass). Für das Fahrzeug gibt es einen TIP (Temporary Import Permit) über 90 Tage. Die Fahrzeugkontrolle ist, wie immer bei einer Einreise nach Chile, sehr streng und genau. Fahrer- und Wohnkabine werden überprüft. Jeder Schrank muss geöffnet werden. Reste von Gemüse und Obst („Opferobst“) geben wir ab. Durch einen zerstörenden Test wird geprüft, ob unsere Behauptung, die Eier seien gekocht, auch wirklich zutrifft. Nach einer Stunde dann: „Willkommen in Chile!“ Auf kurviger Asphaltstraße geht es durch das steinige Flusstal des Rio Laguna weiter bergab. Ab Huanta, auf nur noch 1200 m Höhe, wird es grüner. Riesige Weinanbauflächen ziehen sich durch das Tal und die Berghänge hinauf. Viele sind über Kilometer mit (Kunststoff)netzen abgedeckt, was die Landschaft, um politisch korrekt zu bleiben, nicht schöner macht. Außerdem wurden sehr viele Weinberge aufgegeben, insbesondere an den höherliegenden Hängen, nach unserer Einschätzung aufgrund von Wassermangel. Hunderttausende von Netz-Quadratmetern flattern im ständig blasenden thermischen Sturmwind und verwandeln sich unter der brennenden Sonne in Mikroplastik. Unseren Plan, das Tal Valle del Elqui zu besuchen, um dort in einer Brennerei den Pisco-Herstellungsprozess kennenzulernen (wie Tequila gemacht wird, wissen wir ja schon), geben wir nach 12 km auf. Die Straßen durch das Tal sind eng, der Verkehr ist gewaltig. Denn was wir nicht bedacht haben: Wir sind in den Karneval geraten sogar mit einem Kleinwagen hätten wir Mühe, einen Parkplatz zu finden. Wir kehren um.
Die Küste zwischen La Serena und Valparaiso (Februar 2023) Am nächsten Tag erreichen wir La Serena. Wir sind an unserem Ziel „Pazifik“ angekommen, und unsere Hoffnung auf angenehmere Temperaturen wird erfüllt. Wir wussten, dass der Küstenabschnitt zwischen La Serena und Valparaiso sehr touristisch ist, doch da wir diesen Teil von Chile nicht kennen, nehmen wir das in Kauf. An der Costanera, die sich kilometerlang hinter breiten Sandstränden an La Serena und Coquimbo entlangzieht, gibt es nur einen Campingplatz. Der ist, sogar für europäische Verhältnisse, teuer, aber jeder Platz hat sein eigenes Bad was für ein Luxus! Auf unseren Spaziergängen beobachten wir das rege Strandleben vor den Hotelhochhäusern im Hintergrund (dies ist Erdbeben- /Tsunamigebiet; nein danke, wir bleiben lieber in unserem bodennahen Domizil). Wir machen einen Ausflug nach Coquimbo, La Serenas Schwesterstadt, dessen lt. Reiseführer „schön renoviertes“ Barrio Ingles nach unserer Einschätzung noch auf seine Renovierung wartet. Woher wir immer noch die Hoffnung nehmen, dass Angaben in Reiseführern halbwegs der Realität entsprechen, ist uns selbst ein Rätsel. Wir benötigen einen Diplom-Wahrnehmungspsychologen! Immerhin thront auf einem der Stadthügel eines der nur fünf islamischen Gebetshäuser Südamerikas La Mezquita. An der Costanera reihen sich in Hafennähe offene Restaurants aneinander. Hier gibt es tatsächlich noch gedruckte Speisekarten; in den besseren Restaurants kann man nur noch per QR-Code online die Speisekarte einsehen, Pech = Schlankwerden, wenn man aus Sicherheitsgründen (Diebstahl) sein Smartphone nicht dabei hat.
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----VALPARAÍSO---- Chile
----COQUIMBO---- Chile
------ELQUI------ Chile
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Nach zwei Tagen verlassen wir Coquimbo und folgen der Küstenstraße nach Süden. Der von uns angepeilte Nationalpark Fray Jorge hat geschlossen. Alternativ folgen wir 20 km einer recht üblen LKW-Wellblechpiste durch das Küstengebirge zur Mündung des Rio Lamari. In der Bucht liegt der winzige Hafen des noch kleineren Fischerortes Caleta El Toro, über dem wir einen guten Standplatz in den Klippen finden. Es herrscht reges Treiben, also gibt es immer etwas zu sehen, das Klima ist sehr angenehm, und der Mini-Ort (vielleicht 50 Häuser) mit seinen freundlichen Menschen und seinen bunten Pressspanplattenhütten ist es wert, mehrfach den 1 km langen Spaziergang dorthin zu unternehmen. Wir vermuten zunächst, dass es sich bei den 20 oder 30 offenen Booten, die nachts draußen auf Reede liegen, um Fischerboote handelt. Mitnichten: Die Männer fahren hinaus, um Tang aus dem Meer zu ernten, verwendet für Viehfutter, Dünger und Kosmetika. Uralt-LKWs transportieren das frischgeschnittene Grünzeug (eigentlich: Braunzeug) ab, deshalb auch das üble Wellblech auf der Piste. Selbstverständlich gibt es auch in dieser abgelegenen und überschaubaren Miniaturgesellschaft eine Wohlstandsschichtung: Die oberen Zweidrittel betreiben das Geschäft „industriell“: Tangernte mit dem Boot, auch gerne weiter entfernt von dem dem Ort benachbarten Küstenstreifen; Entladung mit einem i. W. aus Eisenoxyd bestehenden mobilen Kran; Abtransport des frisch geernteten schweren Tangs per LKW. Das untere Drittel erntet den Tang mangels Boot nur am Ufersaum in Dorfnähe, und muss ihn, um Transportgewicht und damit Transportkosten zu sparen, vor dem Abtransport in der Sonne trocknen. Fünf Tage halten wir es hier aus. Danach geht es zurück auf der Ruta5 bis Pichidangui mit angeblich einem der schönsten Strände Chiles. Zumindest für die Quallen, die hübschen, stimmt das. In einem kleinen Restaurant gibt es die Speisekarte nur per QR. Wir nehmen das „Menu del Dia“ - Huhn oder Fisch. „Keep it simple, stupid!“
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Und nochmals über die Anden (Februar/März 2023) Nach vier Tagen verabschieden wir uns vom freundlichen Campingplatzbesitzer Oscar in Laguna Verde und machen uns auf den Rückweg nach Argentinien. Letzte Blicke auf den Pazifik, bevor es wieder hinauf in die Berge geht. Wir müssen erneut die Anden überwinden, dieses Mal über den nur 2900 m hohen Paso Los Libertadores. Der ist um ein gutes Stück niedriger als die Pässe weiter südlich und nördlich, weil Chilenen und Argentinier gemeinsam einen Tunnel „Cristo Redentor“ durch das Grenzmassiv getrieben haben. Dafür kämpft man als Autofahrer mit gigantischen LKW-Strömen zwischen beiden Ländern, denn die einst vorhandene Eisenbahn wurde schon vor Ewigkeiten stillgelegt. Auf unserem Weg hinauf begleitet uns der Rio Aconcagua. Landschaftlich ist dieser Pass weit abgeschlagen. Im Ski-Resort Portillo mit seinen kurzen Abfahrten, wo jetzt im Sommer nichts los ist, hat ein Hotel trotzdem geöffnet, und wir können mit Blick auf die blaue „Laguna del Inca“ köstliche Crèpes mit Dulce con Leche, Vanilleeis und Brombeeren genießen - das Leben könnte härter sein. Auf dem Hotelparkplatz dürfen wir übernachten, bevor es am nächsten Morgen durch den Tunnel geht. Nun sind wir zurück in Argentinien, hoffen, dass auch hier das Klima inzwischen angenehmer geworden ist und gewöhnen uns langsam an den Gedanken, dass wir uns endgültig auf der Rückreise in die Heimat befinden.
Fazit: Wären die Temperaturen in den weiter östlich liegenden Ländern Südamerikas nicht so extrem hoch gewesen, wir hätten auf diesen Chile-Abstecher vermutlich verzichtet. Auch hatten wir vergessen, dass die Chilenen im Vergleich zu ihren Nachbarn in Argentinien deutlich ruppiger sind. Sich 15 Minuten im Straßenverkehr zu bewegen, reicht für diese Einsicht. Und dass der Besuch chilenischer Städte inzwischen mit soviel Umsicht stattzufinden hat, war eine Überraschung für uns. Sei’s drum! Passend zu einer Südamerika-Abschiedsreise haben wir sowohl in den Atlantik und nun eben auch in den Pazifik noch einmal die Zehen eingetunkt. Und das ist doch ’was, oder!? Bleibt nun der weite Weg zurück nach Europa! Davon erzählen wir Euch im nächsten Bericht ! Bis dahin viele Grüße, Bettina & Rolf (Fray Bentos/Uruguay, im März 2023)
Valparaiso (Februar 2023) Unser letztes Ziel an diesem Küstenabschnitt ist die Hafenstadt Valparaiso, die älteste Stadt Chiles und bis zur Eröffnung des Panamakanals der größte Seehafen Südamerikas. Von unserem 10 km südlich der Stadt gelegenen Campingplatz in Laguna Verde fahren wir per Bus ins Zentrum. In der Touristeninformation erhalten wir einen Stadtplan und kompetente Hinweise zu Sehenswürdigkeiten, aber auch den dringenden Hinweis, bestimmte Stadtteile zu meiden. Dazu passt, dass wir beim Bummeln zweimal von einheimischen Passanten angesprochen werden, die uns davor warnen, die Mini-Kamera („schweres Gerät“ haben wir zuhause gelassen), mit der wir uns in Städte mit „erhöhtem Gefährdungspotential“ wagen, offen zu tragen. Alles nicht sehr einladend! Trotzdem und wider Erwarten gefällt uns die Oberstadt: In Valparaiso geht es auf und ab, denn die Stadt wurde auf 45 Hügeln errichtet. 16 alte Standseilbahnen (Ascencores) sowie unzählige Treppen verbinden Ober- und Unterstadt. Letztere ist unattraktiv: Enge Straßen führen durch Häuserschluchten. Jeder Quadratmeter Wand ist mit Graffiti beschmiert; beschmiert und nicht künstlerisch dem städtebaulichen Grau entrissen. Wir beschränken uns auf die höher gelegenen Stadtteile Cerro Alegre und Cerro Concepcion, wohin uns der Aufzug „Reina Victoria“ emporschaukelt. Kritisch schaut Rolf auf die korrosionsschutzfreien Stützelemente, die in dem salzhaltigen Küstenklima eine wunderschöne rotbraune Farbe und vernarbte Oberflächen angenommen haben. Die Straßen und engen Gassen sind gesäumt von Galerien, Restaurants und Hotels in alten Gebäuden. Weltweit sind einige Stadtteile Valparaisos, darunter auch diese, als Mekka der Straßenkunst bekannt. Viele Wandflächen sind großflächig und bunt mit fantasievollen Kunstwerken bemalt oder besprüht und überdecken vielfach den darunterliegenden Verfall. Bei strahlend blauem Himmel bieten sich immer wieder weite Ausblicke auf die Stadt und das Meer. Trotz aller Warnungen - wir genießen die Rundgänge. Nachdem wir endlich die richtige Haltestelle gefunden haben, geht es mit dem Bus zurück nach Laguna Verde.
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